Was gefährdet die Gemeinnützigkeit?
Wie wird die Gemeinnützigkeit festgestellt?
Was bewirkt die Gemeinnützigkeit?
Was passiert ohne Gemeinnützigkeit?
Die Bundesabgabenordnung (BAO) kennt mit den gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken besondere Betätigungsfelder von Rechtspersonen, die bei Erfüllung bestimmter Kriterien Begünstigungen in diversen Abgaberechten (Umsatzsteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Kommunalsteuergesetz, Werbeabgabegesetz, u.a.) bewirken.
Diese begünstigten Zwecke sind in §34ff BAO abschließend aufgezählt.
Ein gemeinnütziger Zweck ist jedenfalls bei Tätigkeiten gegeben, die dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützen.
Explizit – aber nicht ausschließlich – nennt §35 BAO hier: „die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.“
Mildtätige Zwecke (humanitär, wohltätig) sind solche, die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen. (§37 BAO)
Beispiele: Beratungsstellen für Hilfsbedürftige (zB Drogensüchtige); Hilfe für Opfer von Naturkatastrophen; Betreuung von Kranken usw.; Erbringung von sozialen Dienstleistungen wie Einkaufshilfen, Besuchsdiensten; Essen auf Rädern; Rettungsdienste; Seniorenheime u.ä. (siehe Vereinsrichtlinien (VereinsR) Randziffer 28ff)
Als kirchliche Zwecke gelten jene, „durch deren Erfüllung gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften gefördert werden.“ (§38 BAO).
Dazu gehören „insbesondere die Errichtung, Erhaltung und Ausschmückung von Gottes(Bet)häusern und kirchlichen Gemeinde(Pfarr)häusern, die Abhaltung des Gottesdienstes, von kirchlichen Andachten und sonstigen religiösen oder seelsorglichen Veranstaltungen, die Ausbildung von Geistlichen und Ordenspersonen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und Pflege des Andenkens der Toten in religiöser Hinsicht…“
[die nachfolgenden Informationen gelten sinngemäß auch für mildtätige und kirchliche Zwecke]
Meistens handelt es sich bei gemeinnützigen Rechtspersonen um Vereine. Aber auch Stiftungen und Anstalten, Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung (gemeinnützige GmbH), Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts können gemeinnützig sein. Grundsätzlich können alle juristischen Personen des Privatrechts gemeinnützig sein.
Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit?
A – Förderung der Allgemeinheit
B – Ausschließliche Förderung
Die ausschließliche Förderung eines gemeinnützigen Zwecks ist nur gegeben, wenn alle fünf folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. (§39 BAO)
C – Unmittelbare Förderung
Auch eine unmittelbare Förderung muss vorliegen (§40 BAO). Das ist der Fall, wenn die Körperschaft den jeweiligen gemeinnützigen Zweck selbst verwirklicht. Reine Fördervereine sind grundsätzlich nicht gemeinnützig. Es ist aber möglich, dass sich ein Förderverein eines Dritten bedient, um den Zweck zu erfüllen. Dies muss jedoch bereits in der Rechtsgrundlage und in Verträgen entsprechend abgesichert sein.
Dachverbände gelten als gemeinnützig, wenn alle Unterverbände oder Untervereine gemeinnützig sind. Erfüllen Unterverbände diese Bedingung nicht, muss der Dachverband Maßnahmen setzen um dies zu korrigieren oder notfalls den Unterverein auszuschließen oder ihm Zumindest den Zugang zu öffentlichen Fördermitteln verunmöglichen. (vgl. Vereinsrichtlinien RZ 122)
D – Satzungsbestimmungen
Die Satzung der Körperschaft muss eine ausschließliche und unmittelbare Betätigung für einen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck ausdrücklich vorsehen und diese Betätigung genau umschreiben. Als Satzung gilt jede in Betracht kommende Rechtsgrundlage einer Körperschaft.
Die Satzung muss auch eine ausreichende Bindung der Vermögensverwendung für den Fall einer Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft vorsehen.
E – Tatsächliche Geschäftsführung
Die tatsächliche Geschäftsführung einer Körperschaft muss auf ausschließliche und unmittelbare Erfüllung des gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweckes eingestellt sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung aufstellt. (§42 BAO)
Das bedeutet, dass die gelebte Praxis in den Statuten gedeckt sein muss und gemeinnützig sein muss.
Was gefährdet die Gemeinnützigkeit?
Natürlich jede den zuvor genannten Kriterien widerlaufende Praxis.
Typische Beispiele:
Wie wird die Gemeinnützigkeit festgestellt?
Die Gemeinnützigkeit wird nicht per Bescheid vom Finanzamt festgestellt. Es wird nur im Rahmen von Besteuerungsverfahren geprüft, ob die Kriterien der Gemeinnützigkeit erfüllt sind oder nicht.
Das bedeutet für einen Verein oder eine andere Rechtsperson, dass sie grundsätzlich selbst prüfen muss, ob bei ihr Gemeinnützigkeit vorliegt.
Umgekehrt muss also der zB Verein selbst prüfen, ob bestimmte Tätigkeiten des Vereins eine Steuerpflicht auslösen und diesfalls dann entsprechende Steuererklärungen abgeben.
Allenfalls kann eine unverbindliche Auskunft beim Finanzamt eingeholt werden, die zwar einen gewissen Vertrauensschutz bietet („Treu und Glauben“), aber keinen sog. Auskunftsbescheid darstellt.
Ungeachtet einer (Selbst-)Einstufung als gemeinnützig müssen Aufzeichnungen (Rechnungswesen) so geführt werden, dass die Abgabebehörden an Hand dieser jederzeit prüfen können, ob Gemeinnützigkeit besteht.
Was bewirkt die Gemeinnützigkeit?
An die Gemeinnützigkeit knüpfen zahlreiche Begünstigungen im Abgabenrecht.
So greift im Körperschaftsteuerrecht ein jährlicher Gewinnfreibetrag von 7.300 Euro, Zufallsgewinne aus manchen Tätigkeitstypen (unentbehrliche Hilfsbetriebe).
Mehr dazu auf der Seite Körperschaftsteuer
Ebenso sind zahlreiche Befreiungen im Umsatzsteuerrecht an die Gemeinnützigkeit gekoppelt. Etwa sind die Umsätze von Sportvereinen umsatzsteuerfrei (sog. unechte Befreiung).
Für andere nicht explizit befreite gemeinnützige Körperschaften reduziert sich die Umsatzsteuer auf 10%.
Weitere Detailinfos dazu auf der Seite Umsatzsteuer.
Auch das Kommunalsteuergesetz kennt Befreiungen für gemeinnützige oder mildtätige Körperschaften, die auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge tätig sind. (§8 KommStG)
Was passiert ohne Gemeinnützigkeit?
Ohne Gemeinnützigkeitsstatus unterliegen alle Umsätze der Umsatzsteuer, das heißt es ist je nach Tätigkeit 0, 10 oder 20% Umsatzsteuer auf alle Leistungen aufzuschlagen und an das Finanzamt abzuführen.
Hiervon ausgenommen ist zB ein Verein nur, wenn der Jahresumsatz unter der Kleinunternehmergrenze von 30.000 Euro netto pro Jahr liegt, oder wenn Liebhaberei gegeben ist.
Weitere Detailinfos dazu auf der Seite Umsatzsteuer.
Gewinne unterliegen ohne Gemeinnützigkeitsstatus zur Gänze – also ohne Freibeträge und Ausnahmen - der Körperschaftsteuer, allenfalls kann bei nachhaltigen Verlusten Liebhaberei entstehen. Ob eine Mindest-Körperschaftsteuer zu zahlen ist, hängt von der jeweiligen Rechtsform ab (Verein Nein, GmbH – Ja).
Letztlich wird eine Verein, eine Stiftung oder eine GmbH ohne Gemeinnützigkeitsstatus wie jedes andere Unternehmen behandelt.
Von besonderer Bedeutung kann aber die nachträgliche Aberkennung der Gemeinnützigkeit sein. Dann drohen nämlich erhebliche Nachverrechnungen, wenn Umsätze umsatzsteuerpflichtig werden, oder zB die Pauschale Reiseaufwandsentschädigung bei Sportlern nachträglich nicht mehr anwendbar ist!
Tipp: Prüfen Sie im Voraus ob Gemeinnützigkeit gegeben ist – wir unterstützen Sie dabei mit unserem Fitness-Check!
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